Teamentwicklung

Gedanken- und Meinungsvielfalt: Mode oder echter Geschäftsvorteil?

Anna Hart, People Director bei Insights, zeigt, wie Führungskräfte am Arbeitsplatz wahre gedankliche Vielfalt schaffen können … 

Der Begriff „diversity of thought“ (Gedanken- und Meinungsvielfalt) ist in den letzten Jahren zu einem verbreiteten und heiß umstrittenen Konzept geworden. Forbes empfahl vor Kurzem die Abkehr von gedanklicher Vielfalt und beschrieb sie als riskanten Zufluchtsort. Die frühere Vizepräsidentin für Vielfalt und Inklusion von Apple löste mit ihren Kommentaren zu diesem Thema einen Sturm der Entrüstung aus aus. Viele andere führende Stimmen setzen sich jedoch weiterhin stark für Gedanken- und Meinungsvielfalt ein. Deloitte beispielsweise betont, dass sie vor Gruppendenken schützen kann, weil sie „sorgfältigere und besser durchdachte Informationsverarbeitung“ auslöst.  

Insights glaubt an die gedankliche Vielfalt und den Mehrwert, den sie Organisationen bietet. Tatsächlich reflektiert das gesamte Lern- und Entwicklungsmodell gedankliche Vielfalt – jedoch aus einer psychologischen Sicht. Zunächst wollen wir uns nun allgemeiner mit gedanklicher Vielfalt befassen. Wer ist für den Aufbau gedanklicher Vielfalt in einer Organisation verantwortlich? Wie sollte sie aussehen? Und wie sorgen wir dafür, dass gedankliche Vielfalt in der Wirtschaft mehr ist als nur ein Modewort?  

 

Warum gedankliche Vielfalt effektive Führung erfordert  

Die Verantwortung muss bei den Führungskräften liegen – denn sie zeichnen den Grundriss für das Erscheinungsbild, die Atmosphäre und die Berührungspunkte eines Unternehmens. Doch zunächst einmal gilt: Wir können Menschen nicht einfach zusammen in einen Raum setzen und Ergebnisse erwarten. Das einflussreiche Management-Magazin Harvard Business Review bestätigt: „Einfach eine bunte Mischung von Menschen zusammenzuwürfeln, garantiert keine Höchstleistungen. Dies erfordert integrative Menschenführung – ein Führungsstil, der allen Teammitgliedern das Gefühl vermittelt, dass sie respektvoll und fair behandelt und geschätzt werden, dass sie dazugehören. Das fördert das Selbstbewusstsein und inspiriert.“ Kurz gesagt: Ohne Integration ist gedankliche Vielfalt unmöglich, und sie funktioniert nur in Verbindung mit integrativen Praktiken. 

Das Streben nach gedanklicher Vielfalt beginnt beim Einstellungsprozess. Ein maßgeblicher Bericht warnt: „Es ist immer einfacher, jemanden einzustellen und zu befördern, der ein ähnliches Wertesystem mitbringt wie Sie selbst. Doch für Innovation brauchen Sie Menschen, die keine Angst haben, existierende Systeme in Frage zu stellen.“ Diese Hypothese wird von fundierten Daten gestützt. Harvard Business Review stellte fest, dass heterogene Teams Probleme schneller lösen als Teams, deren Mitglieder sich kognitiv ähneln. Eine weitere Studie ergab, dass integrative Teams in bis zu 87% der Fälle die besseren Entscheidungen treffen. Einfach ausgedrückt: Um echte Durchbrüche zu erzielen, müssen Führungskräfte Menschen einstellen, die anders denken als sie selbst und den Status quo herausfordern, statt sich anzupassen.  

 

Authentizität ist wichtiger denn je 

Die gedankliche Vielfalt sollte nie allein dazu dienen, die Produktivität zu steigern, sondern darauf abzielen, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, auf das Sie stolz sind. Viele Unternehmen halten ihre eigene Kultur für großartig. Sie sollten jedoch nach innen blicken und sich fragen, ob sie ihren Mitarbeitenden wirklich die Möglichkeit geben, ihre eigenen Werte und Überzeugungen mit an den Arbeitsplatz zu bringen. Und wenn nicht, warum nicht?  Das Wirtschaftsmagazin Forbes rät: „Sprechen Ihre Mitarbeitenden offen über ihre Familien, ihre Beziehungen, über ihre Freizeit und gemeinnützige Aktivitäten? Andernfalls ist das ein Zeichen der Abgrenzung, das eventuell auf verbesserungsbedürftige Bereiche in Ihrer Organisation hinweist.“  

Hier geht es nicht nur um den Kaffeeklatsch in der Büroküche. Besonders die jüngere Generation legt Wert auf Authentizität; bei der Arbeit das wahre Ich zeigen zu können, ist heute wichtiger denn je. Führungskräfte müssen einen Raum schaffen, in dem Beschäftigte keine Bedenken haben, ihr ganzes Selbst in all seinen Facetten mit zur Arbeit zu bringen, und keine Arbeitsplatz-Persona erfinden müssen, die sich einfügt, statt herauszustechen. 

 Manche Organisationen halten ihre Führungsriege vielleicht für vielfältig, aber das bedeutet nicht unbedingt, dass jede Person am Tisch am gleichen Erlebnis teilhat. Wie Harvard Business Review betont, spielen Nebengespräche in der Vorstandsetage noch immer eine wichtige Rolle: „Falsch eingesetzt, können [Nebengespräche] politische Manöver begünstigen, Teammitglieder mit wichtigem Know-how an den Rand drängen, abträgliche Allianzen fördern und zu schlechten Entscheidungen führen. Statt das Team zu verbessern, können sie es zerrütten.“ 

 

Unterschiede wertschätzen  

Letztendlich geht es bei gedanklicher Vielfalt darum, die unterschiedlichen Eigenschaften der Beschäftigten zu schätzen und weniger Gewicht auf Gemeinsamkeiten zu legen. Dazu trägt eine integrative, respektvolle Sprache bei, wie auch in den Lern- und Entwicklungslösungen von Insights praktiziert. Wir glauben, dass jeder Mensch bevorzugt eine von vier Farbenergien einsetzt: Feuerrot, Sonnengelb, Erdgrün oder Eisblau. Jede davon weist unterschiedliche Präferenzen auf.   

Gedankliche Vielfalt wird durch die Mischung und das Zusammenspiel dieser Farbenergien zum Leben erweckt: Die Aufgabenorientierung der feuerroten Energie, die Führungskräften hilft, Projekte bis zum Ende durchzustehen. Die kreative Vision und die Fähigkeit der sonnengelben Energie, in großen Zusammenhängen zu denken. Das Mitgefühl, die Empathie und Fähigkeit, intensiv zuzuhören, der erdgrünen Farbenergie. Und zu guter Letzt das analytische Talent und die objektive Entscheidungsfindung der eisblauen Energie. Obwohl wir alle auf diese vier Farbenergien zugreifen können, bevorzugen die meisten von uns eine oder mehrere von ihnen. Dies prägt auch unseren Führungsstil. Wenn Führungskräfte alle vier Farbenergien als gleich wertvoll ansehen, können ihre Teammitglieder unbesorgt unterschiedliche Denkweisen zum Ausdruck bringen, in dem Bewusstsein, dass ihre Perspektive gehört und anerkannt wird. 

Modewort oder nicht, kontrovers oder nicht – gedankliche Vielfalt öffnet die Diskussion für unterschiedliche Ansätze, Verfahren und persönliche Stile. Selbst wenn wir von unserer Organisationskultur überzeugt sind, kann sich Homogenität einschleichen. Als Führungskräfte ist es unsere Aufgabe, dies zu verhindern, weil das Schaffen eines Raums, in dem sich jede Person sichtbar und anerkannt fühlt, viel mehr ist als nur ein „nettes Extra“. 

 

* Als People Director leitet Anna Hart die globale Personalabteilung von Insights. Mitarbeiterführung und persönliche Entwicklung sind ihre Passion. Sie trägt die übergreifende Verantwortung für die Umsetzung unseres Unternehmensziels: eine Welt zu schaffen, in der Menschen sich selbst und andere wirklich verstehen und inspiriert sind, bei allem, was sie tun, einen positiven Unterschied zu machen.